Zur Ruhe kommen. Das wünschen sich so viele Menschen und besonders Mütter. Stattdessen hasten sie durch den Tag und erlauben sich kaum Pausen und Erholung. Manchmal fühlt es sich an, als würde der ganze Körper unter Strom stehen; ein Innehalten scheint unmöglich, denn es gibt immer etwas zu tun. Häufig sind es die Abende, an denen sich Belastung und Erschöpfung endgültig bemerkbar machen. Jedoch können Körper und Geist scheinbar nicht zur Ruhe kommen. Achtsamkeitsyoga kann eine Brücke zwischen einem hektischen Alltag und Ruhe- und Entspannungszeiten schlagen.
Heute soll es um Achtsamkeitsyoga gehen. Also lass uns doch mit einem Zitat von B. K. S. Iyengar starten.
„Der Rhythmus des Körpers, die Melodie des Geistes und die Harmonie der Seele schaffen die Symphonie des Lebens.“
Für mich drücken diese Zeilen so schön aus, dass wir Menschen eine Einheit aus Körper, Geist und Seele sind und dass unser (Er-)Leben davon beeinflusst wird, wie diese Teile miteinander in Einklang stehen. Wenn wir uns wohlfühlen und es uns gut geht, dann spiegelt sich das auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene wider. Genauso ist es, wenn es uns nicht so gut geht und wenn wir gestresst sind.
Und bevor ich dich in das Thema Achtsamkeitsyoga entführe, möchte ich einen Blick darauf werfen, warum zur Ruhe kommen für viele Menschen so schwer ist und „dauergestresst“ sein dagegen so leicht. Besonders auch Mütter klagen über Stress. Sie fühlen sich innerlich unruhig, erschöpft und spüren eine ständige Anspannung im Körper. Abends können sie nicht entspannen und einschlafen.
Der Stress von heute & wie er ein zur Ruhe kommen erschwert
Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass Stress im Leben unvermeidbar ist und dass auch die Reaktion unseres Körpers darauf eine evolutionsbiologisch überlebenswichtige Funktion hat. Denn sie ermöglicht unserem Körper, auf lebensbedrohliche Gefahren blitzschnell und ohne groß zu überlegen, zu reagieren und uns in Sicherheit zu bringen.
Unser „Problem“ ist, dass viele „Gefahren“, denen wir Menschen heute ausgesetzt sind, meist psychischer Natur sind und unser körperliches Wohl und Leben nicht unmittelbar bedrohen. Hier ein paar Beispiele, für moderne Stressfaktoren, die es uns erschweren, innere Ruhe zu finden:
- ständiger Zeitdruck
- zu viele Termine (auch die angenehmen)
- zu viele Möglichkeiten, den Urlaub zu verbringen
- der Wunsch, die beste Mama der Welt zu sein
- die ständige Erreichbarkeit rund um die Uhr und den Globus
- das Gefühl, ununterbrochen auf Social Media präsent sein zu müssen, um gesehen zu werden
- persönlicher Kontakt in einer zunehmend digitalisierten Welt
- die schier endliche Liste an möglichen Baby- und Kleinkind-Kursen zur frühestmöglichen Förderung
- häufig zu wenig Unterstützung durch die Herkunftsfamilie durch eine örtliche Trennung
- der Wunsch nicht „nur“ Mama, sondern auch bezahlt erfolgreich zu sein
- Reiz- und Informationsüberflutung auf allen Kanälen
- Nachrichten über Umweltverschmutzung und Kriege (hier wird es dann schon wieder real lebensbedrohlich)
Diese Aufzählung lässt sich unendlich fortsetzen, denn letztlich kann jeder Reiz zu einem Stressauslöser werden. Wie stressend eine Situation erlebt wird, ist dabei von Mensch zu Mensch verschieden und hängt auch davon ab, ob wir glauben, die Situation zu meistern.
Ein Beispiel: Während die verpasste Autobahnraststätte für den einen gar kein Problem ist, kann sie für eine Mama mit einem Kind, welches dringend auf die Toilette muss, extrem Stress auslösend sein, besonders, wenn sie nicht glaubt, rechtzeitig eine alternative Haltemöglichkeit zu finden.
Während es variiert, was als stressend erlebt wird, bleibt die automatisch ablaufende Stressreaktion gleich: in kurzer Zeit werden sogenannte Stresshormone (Adrenalin, Insulin, Cortisol) ausgeschüttet, die in unserem Körper für Anspannung und Energiefreisetzung sorgen. Du kannst in diesen Momenten u. a. spüren, dass dein Herz schneller schlägt, sich deine Muskeln anspannen, du schwitzt und feuchte Hände bekommst. Außerdem erlebst du Unruhe, Nervosität, Hektik und kannst nicht mehr klar denken. Dein ganzer Organismus bereitet sich darauf vor, auf eine Gefahr zu reagieren.
Das heißt, dein Körper stellt so viel Energie zur Verfügung, damit du kämpfen (gegen den so viel zitierten Säbelzahntiger) oder fliehen kannst (vor dem wütenden Stammeskollegen). Dadurch wird die zur Verfügung gestellte Energie abgebaut und die Anspannung im Körper lässt nach.
Sollten Kämpfen und Fliehen nicht erfolgversprechend sein, erstarren wir. Auch in diesem Fall sollte der Körper die zur Verfügung gestellte Energie durch Aktivität loswerden, wenn die Gefahr vorbei ist. Tiere schütteln sich z. B. nach einer überstandenen Gefahr. Da ist also alles beim Gleichen.
ABER: Wir können heute oft nicht mehr wirklich kämpfen oder fliehen und somit die zur Verfügung gestellte Energie abbauen. Denn bei vielen potenziellen „Gefahren“ von heute (z. B. der unfreundliche Chef, das Nicht-Funktionieren der Kreditkarte, zu viele Kinderschuhe zum Anprobieren) sind zum körperlichen Angriff übergehen und Wegrennen nicht angebracht.
Aber wohin mit der bereitgestellten Energie? Am Abend ziehen wir es oft vor, uns gemütlich auf der Couch ein paar Serien zu schauen, ein Glas Wein zu trinken oder direkt einzuschlafen. Das fühlt sich im ersten Moment entspannend an, ist es aber für unseren Körper tatsächlich nicht. Denn die für Kampf oder Flucht bereitgestellte Energie bleibt erhalten und unser Körper ist auf Dauer angespannt, weiter in heller Aufruhr. Adrenalin und Cortisol müssen durch Bewegung abgebaut werden, die wir nicht haben.
Vielleicht kennst auch du das Gefühl, ständig getrieben und innerlich unruhig zu sein, einfach keine Ruhe zu finden, selbst dann nicht, wenn die Gelegenheit ENDLICH mal da wäre – nämlich z. B. abends. Du bist erschöpft, aber dein Körper steht unter Strom. Oft sitzt du zusätzlich noch im Gedankenkarussell fest. Das fühlt sich nicht schön an! Und was tust du dann? Das schauen wir uns jetzt an …
Wie hast du bisher versucht, zu entspannen und innere Ruhe zu finden?
Wir Menschen haben ja ganz unterschiedliche Strategien, um mit Stress umzugehen. Und auch zu entspannen sieht für jede:n anders aus. Dabei gibt es hilfreiche und weniger hilfreiche Strategien, Ruhe zu suchen. Was sind wohl deine? Magst du mal schauen?
Zur Ruhe kommen mit Achtsamkeitsyoga – Verabschiede dich von unheilsamen Versuchen zu entspannen und Ruhe zu finden.
Yoga habe ich das erste Mal nach der Geburt unserer Tochter ausprobiert. Mein Ziel war es damals, wieder fitter zu werden. Irgendwie habe ich mich in meinem Körper nicht mehr „zu Hause“ gefühlt. Ich habe immer viel Sport getrieben, aber mit den Kindern habe ich keine Zeit mehr gefunden (heute würde ich sagen, habe ich mir keine Zeit genommen).
Aber irgendwann hat mein Körper nach mehr Bewegung gerufen. Und da ich neugierig war, was Yoga denn nun ist, habe ich mich zu einem Kurs in der Nähe angemeldet. Die Bilder, die ich mit Yoga verband, waren vielversprechend. Meine ersten Yogaversuche waren sehr zwiespältige Erfahrungen für mich.
Zum einen bin ich mir immer etwas fehl im Raum vorgekommen. Ich war einfach nicht so gelenkig und biegsam wie die anderen. Peinlich! Und ich wollte genau so „gut“ sein wie die anderen. Damals habe ich mich noch sehr verglichen, weil ich dachte, ich muss beim Yoga was „leisten“. Dass mein Körper einfach ganz andere Voraussetzungen mitbrachte, habe ich nicht berücksichtigt. Zum anderen mochte ich das angenehme Gefühl von körperlicher Entspannung und geistiger Ruhe nach der Stunde, wenn ich wieder zu Hause war. Da fühlte ich mich gut! Nach ein paar Monaten habe ich dann aber mit dem Yoga aufgehört, denn rückblickend hatte ich noch nicht meine Form des Yoga gefunden.
Ein paar Jahre später bin ich erneut zum Yoga gekommen – im Rahmen meiner Ausbildung zur MBSR-Lehrerin. MBSR bedeutet Stressbewältigung durch Achtsamkeit. Und hier ist achtsames Yoga eine Übungsform und ein Weg, mit der Aufmerksamkeit immer wieder in den gegenwärtigen Augenblick zu kommen. Und diese Form des sanften Yogas hat mich nicht mehr losgelassen. 🙂
Darum geht es beim achtsamen Yoga:
Was achtsam sein bedeutet, habe ich in meinem Artikel Ständig 300%: Überforderung als Mutter bereits kurz beschrieben. Beim achtsamen Yoga stehen einfache, sanfte Bewegungsfolgen, welche unter Berücksichtigung des eigenen Atemrhythmus ausgeführt werden, im Vordergrund. Auch Menschen, die körperliche Einschränkungen haben, sich nicht fit oder unsportlich fühlen, können achtsames Yoga üben, denn die Haltungen (Asanas) passen sich an den Menschen an, nicht der Mensch an die Übung. Es geht darum,
- mit der Aufmerksamkeit ganz beim Körper und seinen Empfindungen sein
- sich mit dem eigenen Körper vertraut zu machen und seine Signale erkennen und lesen zu lernen (wann ist er überfordert, unterfordert, genau richtig gefordert)
- Nichts bewerten oder verändern zu müssen – einfach so bewegen, wie es sich jetzt gerade richtig anfühlt
- körperliche Grenzen erforschen und wertschätzen
- die natürliche Verbindung zwischen Körper, Geist und Atem bewusst zu erleben
- eigene innere Antreiber, wie z. B. genauso gut sein wollen, wie die anderen zu bemerken und
daraus resultierende Überforderungsmuster zu vermeiden - auch zu bemerken, wann wir uns zu wenig zutrauen und ein wenig Anstrengung vermeiden, weil wir glauben, wir können etwas nicht, obwohl wir es noch nie ausprobiert haben.
- Dankbarkeit für den Körper entwickelt, der uns tagein, tagaus durchs Leben trägt
Mama-geeignet? Absolut!!
Mütter sind häufig gestresst. Damit einher geht die im Vorfeld beschriebene Aktivierung und Anspannung des Körpers. Diese Anspannung und zur Verfügung gestellte Energie muss abgebaut werden, um zur Ruhe kommen zu können. Achtsames Yoga kann hier dazu beitragen, durch die Bewegung noch vorhandene Anspannung durch den Stress des Tages abzubauen. Gleichzeitig beruhigt es Körper und Geist durch die Verknüpfung von Atem und Bewegung. Gut zu wissen: Du kannst achtsames Yoga sowohl zügig als auch ganz langsam praktizieren, je nachdem, wie unruhig und angespannt sich dein Körper anfühlt.
Auch wenn du dich in deinem Körper nicht recht zu Hause oder etwas unsportlich fühlst, kann diese Yogaform ein feiner und liebevoller Weg sein, wieder bei dir anzukommen und ganz nebenher dein körperliches Wohlbefinden zu verbessern. Es bedarf weder toller Yogaoutfits noch besonderer Musik oder Räucherstäbchen (wenn du das nicht magst). Es braucht nur dich, deine freundliche Neugier und deinen atmenden Körper. Ein Yoga- oder Gymnastikmatte ist hilfreich, wenn du auch im Liegen üben möchtest.
Damit du eine Vorstellung davon hast, was ich meine, wenn ich von einfachen sanften Bewegungsfolgen spreche, habe ich dir einen Einstieg in eine achtsame Yogasequenz mitgebracht.
- Komme in einen bequemen Stand, aufrecht und entspannt. Die Füße hüftbreit auseinander, die Zehen zeigen nach vorn. Die Knie sind locker und das Becken waagerecht ausgerichtet. Die Wirbelsäule strebt ganz natürlich nach oben, der Kopf ist die natürliche Verlängerung der Wirbelsäule. Die Schultern dürfen sich entspannen und die Arme hängen locker an der Körperseite.
- Nun erlaube dir, in diesem entspannten Stehen anzukommen.
- Genieße ein paar bewusste und tiefere Atemzüge. Wenn du magst, kannst du eine Hand auf deinen Bauch legen. Einatmend spürst du das sanfte Heben der Bauchdecke, ausatmend das sanfte Senken.
- Nun lass dein Atem frei fließen und mache dir nochmal bewusst, dass du jetzt ein paar achtsame Bewegungen machen wirst.
- Mit dem nächsten Einatmen beide Arme über vorn nach oben führen, bis sie parallel zum Boden sind. Ausatmend beide Arme wieder sinken lassen. Passe die Geschwindigkeit deiner Bewegungen deinem Atemrhythmus an. Wiederhole diese Bewegung fünfmal.
- Nun nimm dir Zeit, um nachzuspüren. Welchen Effekt hatte diese kleine Bewegungsfolge auf deinen Körper, deinen Geist?
- Mit dem nächsten Einatmen beide Arme über vorn nach oben führen, dieses Mal so hoch, bis die Fingerspitzen zur Decke zeigen. Ausatmend beide Arme wieder nach unten führen. Bleibe mit der Aufmerksamkeit so gut es geht bei den Bewegungen deiner Arme. Lass dich vom Atem führen. Wiederhole auch diese Übung fünfmal.
- Nachspüren. Wie fühlt sich dein Körper jetzt an?
In meinen Yogastunden schenken wir dem ganzen Körper auf die beschriebene Weise unsere wohlwollende Aufmerksamkeit. Die äußere Form der Übungen ist dabei nicht entscheidend. Es geht vielmehr darum, die Bewegungen so auszuführen, dass sie wohltuend sind und du so gut es geht mit der Aufmerksamkeit im Körper bleibst, im Hier & Jetzt. Wenn der Geist abschweift, was er ohne Zweifel tun wird, bringe die Aufmerksamkeit immer wieder sanft aber entschieden zurück zu den Bewegungen und dem Atem. Unser Körper ist nur im gegenwärtigen Moment spürbar.
Fazit: Zur Ruhe kommen ist eines der großen Bedürfnisse unserer Zeit
Noch einmal zurück zum Eingangszitat: „Der Rhythmus des Körpers, die Melodie des Geistes und die Harmonie der Seele schaffen die Symphonie des Lebens.“ Achtsamkeitsyoga kann genau dazu beitragen! Körper, Geist und Seele in Einklang bringen, sodass unser Wohlbefinden gestärkt wird und wir uns in unserem Leben wohlfühlen.
Wenn du drei Dinge für dich mitnehmen möchtest, wie wäre es damit?
- Achtsamkeitsyoga ist absolut mamatauglich
- es ermöglicht eine übermäßige Anspannung und Erregung des Körpers zu reduzieren und somit Stress abzubauen
- es ist eine sanfte Brücke in die Ruhe und Entspannung
Wenn du mehr darüber wissen möchtest, wie du gelassener und freudvoller durch das (Mama-)Leben gehen kannst, melde dich zu meiner The Challenge YOUth Post an. Hier teile ich Impulse und Übungen aus den Bereichen Achtsamkeit, Meditation und Positive Psychologie. Außerdem wirst du über aktuelle Angebote und Veranstaltungen informiert.
Herzensgrüße
Manuela 🌻